Manifest
Friedrich Schiller / Büste in der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar |
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deutsch/italiano Veröffentlichung des Manifests zur Kulturinitiative "Der Spieltrieb" im Internet am 31. Oktober 2015 Pubblicazione del Manifesto di Kuturinitiative "Der Spieltrieb" in Internet al 31 ottobre 2015 (solo in lingua tedesca) MANIFEST Kulturinitiative "Der Spieltrieb" Die Kulturinitiative "Der Spieltrieb" hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen Idealzustand im Sinne des "Idealschönen", wie ihn Friedrich Schiller in seiner Schrift "Über die ästhetische Erziehung des Menschen" postuliert hat, für das Publikum anzustreben bzw. zu kreieren. Erreichbar ist das, wenn die gesamte Form der Veranstaltung ausschliesslich an den schaffenden und/oder nachschaffenden Künstler* gebunden ist. Diese neue, selbstbestimmte Form findet in folgenden Bereichen der "Schönen Künste" Anwendung: alle darstellenden Künste wie z.B. Musik, Theater, Tanz, Literatur etc. und alle bildenden Künste wie z.B. Malerei, Bildhauerei, Grafik, Fotografie und viele andere mehr. Massgebliche Bausteine der Kulturinitiative "Der Spieltrieb" sind: I. Der Künstler II. Das Kunstwerk III. Die Form IV. Was Leib und Seele zusammenhält V. Das Publikum VI. Beiträge des Publikums VII. Die philosophisch - literarische Basis VIII. Ein Künstlerbund *Mit dem Begriff Künstler sind sowohl männliche als auch weibliche Künstler gemeint Kulturinitiative "Der Spieltrieb" I. Der Künstler Der schaffende Künstler (Maler, Bildhauer, Komponist, Autor etc.) und/oder nachschaffende Künstler (Interpret im Bereich der Musik, Tänzer, Schauspieler etc.) ist ausschliesslich und alleine verantwortlich für Art, Ort und Form seiner Veranstaltung. Es gibt keine dazwischen geschalteten Instanzen des Staats, der Kirche oder der Wirtschaft. Das begründet auch den Ausschluss von Agenturen, Galerien und Kunst - Management. Die für den angestrebten Idealzustand dringend erforderliche Unabhängigkeit und Freiheit in der Ausübung der Kunst ist nur gewährleistet, wenn der engagierte Künstler selbst Veranstalter seiner Aufführung/Ausstellung ist und die Verantwortung dafür übernimmt. II. Das Kunstwerk Das Werk, das bei einer Aufführung bzw. Ausstellung aufgeführt oder gezeigt wird, soll dem Anspruch des "Idealschönen" genügen. Als Orientierung für dieses "Idealschöne" dient Friedrich Schillers Schrift "Über die ästhetische Erziehung des Menschen", in der er dem von ihm formulierten Begriff des "Spieltriebs" eine ganz besondere Rolle und Kraft zumisst: "Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt." Für dieses mittels des "Spieltriebs" erarbeitete "Idealschöne" steht nur der Künstler selbst in der vollen Verantwortung, der aufgrund seiner künstlerischen Ausbildung, Entwicklung und seines Gestaltungswillens ein Werk erschafft oder interpretiert. Dabei geht er nach "allen Regeln seiner Kunst" vor. Im nachschaffenden Bereich einer Aufführung muss die Authentizität eines jeden Werks unbedingt gewährleistet sein, um den angestrebten Idealzustand überhaupt erreichen zu können. Grundbedingungen: Der Originaltext eines literarischen und musikalischen Werks muss unangetastet bleiben. In der Musik müssen alle Angaben des Komponisten umgesetzt werden. Das Tempo, in dem ein Musikstück interpretiert wird, muss dem authentischen Tempo entsprechen, wie es zur Zeit des Entstehens vom Komponisten gemeint war. Dabei können Tempo - und Metronomangaben von Zeitgenossen zu Rate gezogen werden. Immer und vor allem anderen geht es um die grundsätzliche Wahrheit des Werks, für deren Einhaltung und Wiedergabe der Künstler alleine verantwortlich ist. Wird die Wahrheit eines Werks verletzt, ist alles verdorben. Der Idealzustand des "Idealschönen" kann nicht mehr erreicht werden. III. Die Form Jeder Künstler schafft den Ort seiner Aufführung/Ausstellung ohne Vorgaben selbst: vom "eigenen Haus, Hof und Garten", ob Eigentum oder gemietet, bis hin zur Straßenaktion oder Natur in einer Kulturlandschaft. Bei Anmietung eines öffentlichen Raums ist sicherzustellen, dass der Künstler die hundertprozentige Entscheidungs– und Gestaltungsgewalt behält, um seine Ideale ausleben und umsetzen zu können. Wichtig ist, dass dieser Ort in einem Zusammenhang steht mit dem Werk, dem "Idealschönen" und dem Künstler, der sich dem allem verpflichtet fühlt. So entsteht eine Einheit von Idealen, die in ein Gesamtkunstwerk münden kann. Solange der Künstler es nicht ausdrücklich verlangt, sind Kritiker in Ausübung ihrer Tätigkeit bei solchen Veranstaltungen unerwünscht, zum Schutz des Künstlers, des Kunstwerks, des Aufführungsorts und des Publikums, das ohne die vorgegebene Meinung des Kritikers entscheiden soll. IV. Was "Leib und Seele zusammenhält" Nach unserer Auffassung vom "Idealschönen" gehört als Ergänzung zu den "Schönen Künsten" auch ein "Glas Wein" und ein kleiner Imbiss, den der Künstler, wenn möglich, in den Pausen oder nach der Veranstaltung bereit stellt. Auch hier entspricht es dem Idealen, wenn Produkte aus der Bio - oder Slow Food – Bewegung und aus der Region stammen. V. Das Publikum Das Ziel ist groß! Die Kulturinitiative "Der Spieltrieb" will einem Publikum, das von Konsumdiktat und Globalisierungskapitalismus geprägt ist, den angestrebten Idealzustand des "Idealschönen" näher bringen, um damit einer neuen Lebensvision Raum zu geben. Um mit Schiller zu sprechen: "Mitten in dem furchtbaren Reich der Kräfte und mitten in dem heiligen Reich der Gesetze baut der ästhetische Bildungstrieb unvermerkt an einem dritten fröhlichen Reiche des Spiels und des Scheins, worin er dem Menschen die Fesseln aller Verhältnisse abnimmt, und ihn von allem, was Zwang heißt, sowohl im physischen als im moralischen entbindet". Durch wiederholte Veranstaltungen der Kulturinitiative "Der Spieltrieb" kann diese Lebensvision vertieft werden. VI. Beiträge des Publikums Zu der Idee, dass die Kulturinitiative "Der Spieltrieb" frei ist von jeder Vereinsstruktur, Mitgliedsbeiträgen und Statuten gehört auch, dass der Besuch der Veranstaltungen kostenfrei ist. Allerdings ist es wünschenswert, dass das Publikum sich in angemessener Weise erkenntlich zeigt in Form von Geldbeträgen, Naturalien oder in Form unterstützender Tätigkeiten für das jeweilige Projekt. Letzteres integriert das Publikum in den Prozess der Kulturinitiative "Der Spieltrieb". All dies trägt zur Entkommerzialisierung der Kunst bei. Das bei einer Veranstaltung entstandene Interesse eines Kunstinteressierten an dem Werk eines schaffenden Künstlers, wie Maler, Bildhauer, Schriftsteller und Komponist, wird ohne Zwischeninstanz untereinander finanziell verhandelt. VII. Die philosophisch - literarische Basis der Initiative "Der Spieltrieb" Basis aller vorstehenden Gedanken und Ziele ist Friedrich Schillers bereits zitierte philosophische Schrift "Über die ästhetische Erziehung des Menschen". Allen, die die Initiative in Zukunft unterstützen wollen, ist diese Lektüre, und sei es auch nur in Auszügen, angeraten. VIII. Ein Künstlerbund Ein Künstlerbund, wie ihn die neue Kulturinitiative "Der Spieltrieb" versteht, ist ein Zusammenwirken von Künstlern, die sich, gepaart mit dem Streben nach dem "Idealschönen", dem Gedanken einer neuen, selbstbestimmten Aufführungs- und Ausstellungsform öffnen wollen und einen Gegenentwurf suchen zur kommerzialisierten, überwiegend fremdbestimmten Ausübung ihrer Künste. Damit die neue Kulturinitiative "Der Spieltrieb" zu einer kraftvollen "Kulturbewegung" für ein reicheres und freieres Kulturleben wird, ist es wünschenswert, dass sich möglichst viele Künstler mit ihren individuellen Fähigkeiten dieser neuen Bewegung anschliessen und durch Unterzeichnung dieses Manifests auch nach außen dokumentieren, dass sie sich dieser neuen und anderen Aufführungs- und Ausstellungsform verbunden fühlen. Das Manifest schliesst nicht aus, dass ein Künstler, der im Sinne dieser Kulturinitiative denkt und arbeitet, auch im offiziellen Kulturbetrieb tätig ist. Die Erstfassung des Manifests der Kulturinitiative "Der Spieltrieb" liegt in Händen des Ideengebers und Gründers Albert Jürgen Grah, der den Gedanken einer selbstbestimmten Aufführungsform seit mehr als 30 Jahren erfolgreich praktiziert und in vielen Veranstaltungen als Pianist bereits verwirklicht hat. Albert Jürgen Grah verfasst in Weimar im September 2015 © 2015 Albert Jürgen Grah |
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